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AvD bleibt bei „Nein“ zu generellem Tempolimit
- Faktenlage gibt keinen Hinweis auf Effekte
- Autobahnen sind die sichersten Straßen
- Effekte für Umweltschutz nicht plausibel
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) bekräftigt seine Ablehnung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen und fordert alle Akteure auf, die Mehrheitsentscheidung des Bundestags aus dem Herbst nicht weiter in Frage zu stellen. Um seine Haltung zu untermauern und die Diskussion zu versachlichen nennt der Interessenvertreter der Autofahrer eine Reihe von Argumenten:
Aktuelle Situation
Die Bundesrepublik Deutschland unterhält aktuell ein Straßennetz – Autobahn, Landstraßen, Stadt – dessen Länge sich auf rund 644.000 Kilometer summiert. Die Streckenlänge der Bundesautobahnen betrug zum Jahresende 2019 nach Angaben des Statistischen Bundesamts 13.141 Kilometer, was einem Anteil von zwei Prozent entspricht. In der Summe sind rund 3.900 Autobahnkilometer (30 Prozent) mit einer Tempobeschränkung belegt, auf den restlichen gut 9.100 Kilometern gibt es kein Tempolimit, es gilt aber eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Der Anteil der Straßen ohne gesetzliche Geschwindigkeitsbegrenzung am deutschen Straßennetz beträgt mithin 1,4 Prozent.
Verkehrssicherheit
Schon seit Jahren weisen die Statistiken mehrspurige Fernstraßen (Autobahnen) als die sichersten Straßen aus. So kam es 2014 pro 1 Milliarde Kilometer kumulierter Fahrleistung lediglich zu 1,6 unfallbedingten Sterbefällen. Das entspricht einem Anteil von 11,1 Prozent an der Gesamtzahl der im Straßenverkehr zu Tode gekommenen Personen. Mit lediglich 6,2 Prozent fällt der Anteil der Unfälle mit Personenschäden auf Bundesautobahnen gegenüber vergleichbaren Unfällen innerorts (69,3 Prozent) und auf Landstraßen (24,4 Prozent) noch deutlicher aus. Auch im internationalen Vergleich weisen die Bundesautobahnen beim Verhältnis der kumulierten Fahrleistungen zu Unfallereignissen mit Personenschäden und Sterbefällen regelmäßig Bestwerte auf. Und das trotz des in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsenen Anteils an ausländischen Verkehrsteilnehmern, insbesondere aus Ost- und Südosteuropa. Hätte ein generelles Tempolimit also den apostrophierten Sicherheitseffekt, müssten Länder mit Tempolimit bei den Unfallstatistiken mehrheitlich besser abschneiden, was aber nicht generell der Fall ist.
Nach Einschätzung der Unfallforschung der Versicherer (UDV) ist zudem eine Unterforderung des Autofahrers als ebenso kritisch zu bewerten, wie eine Überforderung. Die Autofahrer würden unkonzentriert, nachlässig, lenkten sich mitunter gar mit andern Tätigkeiten ab und würden schläfrig.
Umweltschutz
Es erscheint wenig plausibel, dass die Einführung einer generellen Tempobeschränkung auf weiteren 1,4 Prozent des deutschen Straßennetzes einen relevanten Effekt auf die CO2-Emissionen und damit auf den Klimaschutz haben soll. Zumal bei der Angabe des Einsparungspotenzials offensichtlich von der falschen Annahme ausgegangen wurde, dass auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit alle Autofahrer permanent mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs sind. Die Realität zeigt ein anderes Bild: Nicht selten ist die Verkehrsdichte auf den fraglichen Strecken so hoch, dass ohnehin kaum mehr als Richtgeschwindigkeit gefahren werden kann. Lässt es die Verkehrslage dann doch einmal auch höhere Geschwindigkeiten zu fahren, wird dies nur von einem Teil der Autofahrer genutzt. Augenscheinlich ist eine deutliche Mehrheit der Autofahrer auch dann in einem Geschwindigkeitsbereich zwischen 120 und 140 km/h unterwegs, wenn höhere Geschwindigkeiten erlaubt und möglich wären.
Antriebswahl
Von den Befürwortern eines Tempolimits wird angeführt, dass sich umweltschonende Effekte durch ein generelles Tempolimit auch einstellen, weil durch dessen Einführung Autokäufer verstärkt dazu übergehen würden, kleinere und schwächer motorisierte Fahrzeuge zu kaufen. Ein Blick auf die Autokäufe in Ländern wie Österreich oder der Schweiz widerlegt diese Annahme deutlich. In beiden Ländern existieren seit Jahrzehnten streng überwachte, generelle Tempolimits, die drakonische Strafen für Temposünder vorsehen. Trotzdem erfreuen sich leistungsstarke Modelle auf diesen Märkten einer großen Beliebtheit. In einer Reihe von Fällen liegen die absoluten Verkaufszahlen von Sportmodellen (wie z. B. Audi RS, VW Golf R oder Renault Clio Sport) über denen auf dem deutschen Markt.
Verkehrsfluss
Bereits heute sind rund ein Drittel der limitierten Autobahnabschnitte mit einem variablen Tempolimit belegt, das über Verkehrsbeeinflussungsanlagen die zulässige Höchstgeschwindigkeit den jeweiligen Witterungs- und Verkehrsverhältnissen angepasst wird und den Verkehrsfluss beeinflusst. Ein starres generelles Tempolimit kann das hingegen nicht leisten. Der AvD befürwortet grundsätzlich eine der Verkehrslage angepasste Geschwindigkeit. Dazu muss auch in Zukunft gehören, dass der mündige Bürger die Möglichkeit hat, strafffrei mit höherer Geschwindigkeit unterwegs zu sein – zum Beispiel bei guten Wetterbedingungen auf einer freien Autobahnen.
Schallschutz
Der mögliche Nutzen eines generellen Tempolimits für den Lärmschutz erscheint fraglich, da bereits bei Landstraßentempo das Abrollgeräusch der Reifen erheblich ist. Da nach aktuellem Stand der Technik bauliche Maßnahmen, wie die Verwendung spezieller Asphaltsorten („Flüsterasphalt“) und die Errichtung von Lärmschutzwänden die Geräuschbelastung für Anwohner erheblich effektiver senken, bevorzugt die überwiegende Zahl der Kommunen, Städte und Kreise diese Maßnahmen gegenüber einem Tempolimit.
AvD Generalsekretär Lutz Leif Linden: „Im Herbst hatte der Bundestag mit einem eindeutigen Votum die Einführung eines Tempolimits abgelehnt. In den vergangenen Wochen haben sich weder die Mehrheitsverhältnisse noch die Faktenlage geändert. Dass das Thema nun schon wieder hochgespielt wird, zeugt von einem zweifelhaften Demokratie-Verständnis der Befürworter, die offenbar die Parlamentsmehrheit nicht akzeptiert und wie ein bockiges Kind agiert. Und das Thema erscheint uns auch wenig geeignet, um einer Partei verspieltes Profil zurückzugeben.“
Der „älteste“ und der „jüngste“ deutsche Automobilclub, der Automobilclub von Deutschland e.V. (1899) und Mobil in Deutschland e.V. (2009) vertreten zusammen das Motto: „Deutschland braucht kein Tempolimit“. Insgesamt betreuen die beiden Automobilclubs über 1,5 Mio. Mitglieder und Kunden. Dr. Michael Haberland, Präsident von Mobil in Deutschland e.V.: „Null Effekte beim Tempolimit, mit dem wir nichts gewinnen, sondern nur ein weiteres Stück Freiheit verlieren. Das sollten wir uns einfach sparen. Nichts spricht gegen zügiges und sicheres Fahren, das wir so seit 66 Jahren in der Bundesrepublik kennen und lieben.“