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FIAT PANDA
SIX-WHEELER
Sechsy Pickup
Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen – einen Fiat Panda um knapp 60 Zentimeter zu verlängern und ihm obendrein auch noch eine Ladefläche mitsamt hinterer Doppelachse zu verpassen. „Mein Vater hatte damals in den 80ern sogar eine Kleinserie von diesem Modell geplant“, erklärt Besitzerin Linda Koch, während sie den ungewöhnlichen Minilaster für die Aufnahmen auf diesen Seiten durch ein nächtliches Industriegebiet pilotiert.
Linda, die zusammen mit Vater Horst bereits in vierter Generation die Koch Klassik Automobil GmbH in Heilbronn betreibt, weiß zudem ganz genau um die Wirkung des grauen Six-Wheeler, der natürlich auffällt, sobald er irgendwo um die Ecke rollt: „Die Leute schauen diesem Auto bisweilen mehr hinterher als einem exotischen Supersportwagen.“ Zu einer Serienfertigung ist es dann allerdings doch nicht mehr gekommen. Und dass dieses hier gezeigte, erste Exemplar heute überhaupt noch existiert, haben Linda und ihr Vater selber lange Zeit nicht für möglich gehalten. Vielmehr spielt der Zufall eine Rolle dabei, dass dieser dreiachsige Kleinlaster jetzt wieder durch seine Heimat Heilbronn rollt.
Aber der Reihe nach.
Zwischen 1980 und 1986 fertigte Horst Koch, damals Vertragshändler für Fiat, Lancia und Ferrari, zusammen mit seinem Freund Karlheinz Knapp unter dem Firmennamen KK Automobile (Knapp und Koch) 250 preisgünstige Cabrios auf Fiat-Panda-Basis. „Aus dieser Zeit stammt schließlich auch die Idee, einen sechsrädrigen Panda-Pickup zu bauen, der beispielsweise als Werbeträger für unterschiedlichste Firmen auftreten könnte“, erklärt Linda. Weil die Umbaumaßnahmen selbst ohne Allradantrieb recht umfangreich gewesen seien, wurde als Hersteller anstelle von Fiat dann ebenfalls KK Automobile eingetragen. „Durch den Tod von Karlheinz Knapp ist es allerdings nicht mehr zu einer Serienfertigung gekommen“, ergänzt die Klassik-Spezialistin. Doch Koch stellt zumindest einen Minilaster auf Panda-Basis fertig, den er 1986 schließlich auf dem Genfer Auto-Salon sowie in Frankfurt auf der IAA präsentiert.
Das damals blau lackierte Auto fällt erwartungsgemäß auf, Berichte über dem skurrilen Kleinlaster erscheinen in zahlreichen Autozeitschriften, und sogar ein japanisches Fachmagazin berichtet über den Six-Wheeler, made in Heilbronn. Durch danach verkauft Horst Koch das Einzelstück. „Ein Fehler“, wie Tochter Linda erklärt. Denn ihr Vater habe eigentlich sehr an diesem Panda-Modell gehangen.
Erst 2019 hört Koch eher zufällig vom Verbleib seines ehemaligen Autos. „Der damalige Käufer hatte den Panda schon nach kurzer Zeit an einen Bekannten mit Wohnsitz Mallorca veräußert, dort soll das Auto auch als Requisite für einen Film verwendet worden sein“, so Linda. Über Umwege gelangte der Pickup-Panda 2011 schließlich wieder nach Deutschland und landet als Restaurierungsobjekt bei einem erst sechzehnjährigen jungen Mann, der das Auto bis zum Erhalt seines Führerscheins Wiederaufbaues will.
Dazu ist es dann allerdings nie gekommen, das Auto gammelt weitere acht Jahre vor sich hin.
Vater Koch lässt nicht locker, beginnt über den Verbleib des Panda zu recherchieren, findet 2019 schließlich den letzten Besitzer, der nach einigem Hin und Her dann doch bereit ist, den Kleinlaster – oder das, was von ihm übrig ist – an seinen einstigen Erbauer zu verkaufen. „Zum Glück war noch der Original-Fahrzeugbrief mit allen Eintragungen vorhanden“, erklärt Linda.
Schwieriger Neuaufbau
Horst Koch macht sich sofort an die Arbeit, um das Auto in seiner Werkstatt ein zweites Mal aufzubauen. Dazu sind unter anderem umfangreiche Blecharbeiten erforderlich, und auch die Suche nach Ersatzteilen gestaltet sich selbst für einen Klassik-Spezialisten schwieriger als erwartet. „Dreiecksfenster oder Dichtungsgummis waren kaum noch aufzutreiben“, erinnert sich Linda Koch und ergänzt, dass ihr Vater seinen Sommerurlaub 2020 am Gardasee auf der Suche nach bestimmten Teilen eigentlich nur auf Schrottplätzen verbracht habe.
Doch irgendwann fügt sich das Puzzle wieder zu einem vorzeigbaren Ganzen: Am 3. September 2020 – nach rund zehnmonatiger Restaurierung – rollt der nun ganz in Grau lackierte Six-Wheeler erstmals wieder aus eigener Kraft über das Gelände der Firma Koch, um tags drauf bei der Classic-Gala Schwetzingen präsentiert zu werden. „Wir sind selbstverständlich auf Achse angereist“, freut sich Linda Koch, ergänzt jedoch, dass in der Woche darauf ein kapitaler Motorschaden den Lasten-Panda bereits wieder außer Gefecht gesetzt habe. „Wir haben dann eine Weile nach einem Austauschmotor gesucht, seitdem läuft das Auto tadellos“, so die junge Geschäftsführerin.
Und wie fährt sich so ein Auto mit drei Achsen und sechs Rädern?
Linda Koch hat diese Frage schon sehr oft hören müssen, ihre Antwort überrascht die meisten dann aber doch: „Am Steuer fühlt sich unser Fiat Panda Six-Wheeler wie ein ganz normales Auto mit Frontantrieb und 45 PS an.“
Redakteur: Michael Schröder | Fotograf: Dino Eisele