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„Porsche wird elektrischer –
aber der 911 niemals“
Herr Blume, Tempolimit-Diskussionen, Diesel-Fahrverbote und Kritik an SUVs macht es eigentlich noch Spaß, Chef eines Sportwagenherstellers wie Porsche zu sein?
Oliver Blume: Na klar! Für mich ist es ein Traumjob, der mir große Freude macht. Gerade wir Automobilhersteller müssen uns mit Themen auseinandersetzen, die die Menschen bewegen. Dabei geht es nicht um 100-prozentigen Konsens, sondern darum, die Positionen zu verstehen. Es gehört zu unserem Selbstverständnis, Verantwortung für unsere Gesellschaft zu übernehmen. Für nachhaltiges Handeln, aber auch für Arbeitsplätze und Steuergelder.
Hört der Spaß für Sie bei Forderungen nach einem Tempolimit auf?
Unsere Autobahnen gehören statistisch zu den sichersten Straßen der Welt. Und wir haben die schöne Situation, dass es kein generelles Tempolimit gibt. Unbegrenztes Fahren ist ein Stück individuelle Freiheit. Und diese Freiheit sollten wir uns bewahren. Natürlich darf man dabei niemanden gefährden. Letztlich ist das Thema eine politische Frage und Aufgabe des Gesetzgebers.
Aber ein Tempolimit in Deutschland könnte auch gut für die Umwelt sein.
Wir haben da effektivere Maßnahmen, zum Beispiel unsere Antriebsstrategie. Bei unseren Verbrennermotoren erhöhen wir in jeder Generation die Effizienz. Durch unsere Hybridmotoren reduzieren wir den CO₂-Ausstoß deutlich. Und mit unseren E-Fahrzeugen können Sie emissionsfrei unterwegs sein. Das hätte man dem Sportwagenhersteller Porsche noch vor einigen Jahren nicht zugetraut.
Empfinden Sie die Umwelt-Bewegung „Fridays for Future“ als Bedrohung für die Automobilindustrie?
Ich sehe die Bewegung als einen gesellschaftlichen Anstoß, der in die richtige Richtung geht. Wir müssen Emissionen senken, um unsere Welt weiter so lebensfähig zu erhalten. Ich denke da in Chancen, um gemeinsam etwas zu erreichen. Bei Porsche haben wir die Weichen frühzeitig gestellt: Der emissionsfreie Taycan wird in Zuffenhausen emissionsneutral produziert.
Aber für Porschekäufer sind PS-starke Motoren der Sportwagen mit einem typischen Röhren oft wichtiger als Verbrauch und CO₂-Ausstoß.
Im Gegenteil. Unsere Kunden haben auch den Anspruch, dass unsere Fahrzeuge möglichst nachhaltig fahren und produziert werden. Porsche wird immer innovativ und dynamisch sein, aber gleichzeitig immer effizienter werden. Kunden kaufen einen Sportwagen nicht nur, weil sie schnell fahren wollen. Unser neuer Taycan ist dafür das beste Beispiel. Er hat überragende Beschleunigungswerte, eine tolle Fahrdynamik, gleichzeitig null Emissionen und fährt nahezu geräuschlos.
Wie viele Elektro- und Benzinmotoren werden bei Porsche in den nächsten Jahren verbaut?
Im Jahr 2025 könnten rund 50 Prozent aller Porsche mit einem elektrischen oder Hybridantrieb verkauft werden. Gleichzeitig wird es bei Porsche immer Verbrennermotoren geben. Das gilt besonders für den 911. Aber der Siegeszug der Elektromobilität ist unaufhaltsam.
Wer hat bei dem Ausbau der Ladestationen gepennt: die Politik, die Industrie oder beide?
Das ist eine gemeinsame Aufgabe, die keiner allein stemmen kann. Ich wünsche mir, dass wir in fünf Jahren eine umfassende Ladeinfrastruktur in Deutschland haben und das Thema Reichweite keine Rolle mehr spielt. Also ein ähnlich dichtes Netz wie bei normalen Tankstellen. Und dieses Netz ist auch nicht über Nacht entstanden.
Viele Automobilhersteller planen Entlassungen. Porsche auch?
Nein. Mit der Elektromobilität, unseren neuen E-Motoren und E-Fahrzeugen haben wir Chancen erschlossen und an unserem Stammsitz 2.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben nicht die Absicht, in den nächsten Jahren betriebsbedingt zu kündigen. Wir gehen gerade in Gespräche, bei denen es um eine Arbeitsplatzsicherung für die nächsten Jahre geht. Dort stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam in der Verantwortung.
Info
Interview erstmalig erschienen in der BILD am Sonntag, 01.03.2020
Das Gespräch führte Burkhard Uhlenbroich.