DER CLUB

Review:
ASC-Clubabend
mit Verkehrsminister
Winfried Hermann

Verkehrsminister Winfried Hermann zu Gast beim ASC im Clubhaus des WAC: „Auch in Zukunft fahren bei uns Oldtimer – mit E-Fuels“.

Vor rund 100 Gästen sprach der Grünen-Politiker über die gemeinsame Zukunft von E-Autos und Oldtimern. Bei seinem Vortrag erinnerte er an die Anfangszeit des Automobils, das auch seine Jugend maßgeblich prägte. Den Abend moderierten Rainer Klink und Michael Peter.

Neben dem ASC hatten am 13. April zwei weitere renommierte Automobil-Clubs in den großen Saal des Clubhauses geladen: WAC (Württembergischer Automobil Club) und MVC (Mercedes Veteranen Club). Rainer Klink begrüßte den Gast und stimmte das Publikum auf die zu erwartenden Themen ein: Wie steht es um die Zukunft von Oldtimern? Dürfen diese wie bisher am Straßenverkehr teilnehmen? Und droht Autofahrern über 70 Lebensjahren eine staatlich verordnete Fahrtüchtigkeitsprüfung?

Winfried Hermann skizzierte mit seinen fast einstündigen, frei vorgetragenen Ausführungen die Geschichte des Automobils von deren Anfängen bis zu den emissionsfreien E-Autos der Gegenwart. Und er zeigte auf, in welchen Bereichen eine schnelle Markt-Einführung von E-Fuels für Verbrenner-Autos sinnvoll wäre. Dabei ließ der Grünen-Politiker einige Grundpositionen seiner Partei aufblitzen, dass zum Beispiel der Patent-Motorwagen von Carl Benz eigentlich ein umgebautes Fahrrad darstelle. Außerdem wäre in der Frühzeit des Automobils der Elektroantrieb noch eine echte Alternative gewesen. Als Beispiel nannte Hermann den allradgetriebenen Lohner-Porsche aus dem Jahr 1900. 

Das erste eigene Auto war zwölf Jahre alt

Schließlich erinnerte sich der 1952 in Rottenburg am Neckar geborene Politiker an seine eigene Jugend: „Wie waren alle scharf auf’s Auto. Der Führerschein musste so früh wie möglich gemacht werden.“ Dann das erste Auto, bei Hermann war es ein 12 Jahre alte Ford 12M „Weltkugel“. Das Auto sorgte für Freiheit und Mobilität, wurde zum weltweiten Erfolgsmodell. „Aber als ich das Autofahren anfing, war Klima noch kein Thema“, erklärte Hermann. Heute seien jedoch weltweit 1,5 Milliarden Autos ein echtes Problem. Nicht nur für das Klima: „Das Auto steht sich heute oft selbst im Weg.“ Man denke nur an die vielen Staus und an die Parkprobleme in den Städten.

Das Auto von heute müsse deshalb ein anderes sein: elektrisch, digital, vernetzt und autonom. Die Autoindustrie wisse das, „hat den Hebel bereits umgelegt“. Zum einen, um die Anforderungen des Landes-Klimaschutzgesetzes zu erfüllen. Hierzu sollte bis 2030 bereist jedes zweite Auto in Baden-Württemberg klimafreundlich betrieben sein. Zum anderen, weil einige Produktionsländer, insbesondere China, mit dem Bau und Verkauf von Elektroautos die Nase vorn hätten: „In China gibt es zehn Firmen, jede so groß wie Mercedes, die nur Elektroautos produzieren.“ Deutsche Premium-Hersteller begingen allerdings den Fehler, „bei E-Autos nur auf das teuerste Segment zu setzen“. 

Sogar Einzylinder-Veteranen fahren mit synthetischem Krafststoff

Im Gegensatz zur Autoindustrie habe die Mineralölwirtschaft den Klimawandel und die Folgen für den Verkehr jedoch verschlafen. Die Produktion klimaneutraler, synthetischer Kraftstoffe, sogenannter E-Fuels, sei derzeit nur in bescheidenen Mengen möglich. Die E-Fuels werde man in Zukunft aber für jene Verkehrsmittel einsetzen, für die batteriebetriebene Elektro-Motoren nicht geeignet wären: LKW, Busse, Schiffe. Und: Oldtimer! Hermann sagt: „In zehn Jahren werden so viele E-Fuels produziert, dass alle rund 650 000 Autos mit-H-Kennzeichen in Deutschland damit fahren können.“ E-Fuels ersetzen als Diesel oder Benzin die herkömmlichen Kraftstoffe, mit denen heute die Automobil-Klassiker aller Jahrzehnte unterwegs sind. Die Eignung von synthetischem Sprit für einen Oldie stellte Ende vergangenen Jahres ein amerikanischer Covert (nicht: Corvette!) von 1904 mit 6,5 PS starkem Einzylindermotor unter Beweis. Wolfgang Presinger, Vorstandsmitglied des Allgemeinen Schnauferl-Clubs in Deutschland, bestritt damit ohne Probleme seine inzwischen 30. Rallye London-Brighton für Klassiker bis Baujahr 1905.

Führerscheinprüfung mit 70? Wohl eher nicht.

Die EU in Brüssel plant im Rahmen einer großen Führerscheinreform die erneute Führerscheinprüfung für Autofahrer ab dem 70. Lebensjahr, welche die Verkehrssicherheit erhöhen soll. Verkehrsminister Hermann meinte dazu: „Der Entwurf steckt noch in einer Frühphase, in absehbarer Zeit wird hier noch nichts passieren.“ Außerdem sei dessen juristische Umsetzung Sache der einzelnen Länder. Der 71-Jährige räumt ein, dass die altersbedingte Abgabe eines Führerscheins oft einem „ersten Sargnagel“ gleichkäme, weil die mit dem Auto gewonnene Mobilität verloren ginge. Andererseits zeige die Statistik, dass ab dem 75. Lebensjahr Unfälle mit Senioren deutlich zunähmen: „Oft sind die Verursacher auch die am schlimmsten betroffenen Opfer.“ Hermann rät daher zu freiwilligen Fahrtüchtigkeits-Tests sowie zu Fahrtrainings. Und zur Eigenverantwortlichkeit: „Ältere Menschen sollten rechtzeitig mit dem Autofahren aufhören“.

Während der Publikums-Fragerunde, die Michael Peter moderierte, stellte sich Verkehrsminister Hermann einigen allgemeineren Fragen wie der Zuverlässigkeit der Bahn oder der Reduktion des Bestands an funktionstüchtigen Verbrennern. Dies geschehe vor allem über den hohen Preis konventioneller Kraftstoffe: „Eine Abwrackprämie wird es nicht geben“. Schließlich stand die große, generelle Umweltschutz-Frage im Raum: Warum müssen ausgerechnet wir Deutschen, deren weltweiter Anteil an Co2 Emissionen bei grade mal zwei Prozent liegt, uns derart intensiv um Klimaschutz bemühen? Hermann meinte dazu ganz im Sinn der schwäbischen Tüftler-Mentalität: „Man muss selbst Lösungen bringen, um für andere ein Vorbild zu sein.“ 

 
Text: Dr. Franz-Peter Hudek, Fotos: Jürgen Preuß