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eFuels – Mehr als Kraftstoff für
Sportwagen

eFuels - Mehr als Kraftstoff für Sportwagen

Vortrag von Porsche-Ingenieur Karl Dums: E-Fuels – Mehr als Kraftstoff für Sportwagen

„Auch Oldtimer und Bestandsfahrzeuge profitieren von unserer Pilotanlage in Patagonien.“

Zu Beginn verkündete Karl Dums gleich eine gute Nachricht: „Porsche setzt primär auf Elektroantrieb und auch weiterhin auf Verbrenner.“ Bereits 2030 sollen mehr als 80% der Neufahrzeuge als reine Elektro-Autos (BEV) verkauft werden. Rund 20 % werden jedoch mit einem benzinbetriebenen Hubkolbenmotor vom Band rollen. Das lasse Raum für Flexibilität, sagt Dums. Nicht nur Nostalgiker und Rennsport-Fans können sich deshalb freuen, sondern in ferner Zukunft auch die Besitzer eines Fahrzeugs, das (noch immer) die alte, hoch komplexe Verbrenner-Technik nutzt. Aber bitte nur mit E-Fuels!

So blickt zumindest Diplom-Ingenieur Karl Dums in die wohl noch ferne Zukunft. Der studierte Maschinenbauer arbeitet seit 15 Jahren bei Porsche, derzeit als Senior Projektleiter E-Fuels. Heute ist er zu Gast beim WAC in Stuttgart und referiert über den aktuellen Stand der E-Fuel-Pilotanlage in Patagonien/Chile. Insbesondere über den Sinn und Zweck sowie die Funktion dieses kostspieligen Experiments: Nach einer Investition von 100 Millionen Euro werden dort derzeit täglich Bis zu 350 Ltr. E-Fuel-Benzin produziert. Bei einem Tagesbedarf in der BRD von rund 60 Millionen Liter Benzin und in etwa der doppelten Menge Diesel stellt sich die Frage: Macht das überhaupt Sinn? Die zahlreich erschienen Zuhörer waren gespannt.

Die Grundidee, berichtet Dums, um aus Kohlendioxid (Co2) und Wasserstoff (H2) synthetischen Kraftstoff zu gewinnen, sei bereits 100 Jahre alt: „Die Fischer-Tropsch-Synthese wurde im zweiten Weltkrieg entwickelt.“ Umweltaspekte spielten damals keine Rolle, Kohle lieferte die zur Produktion notwendige Energie. Das Verfahren hat sich jedoch grundlegend geändert. Heute dienen Windräder und Wasserkraftwerke als Energiequellen für die Produktion von E-Fuels. Als Zwischenprodukt entsteht Methanol, aus dem Benzin, Diesel und Kerosin hergestellt werden kann. Die dazu notwendigen erneuerbaren und extrem kostengünstigen Rohstoffe kommen direkt aus der Luft und aus dem Meer. „Beides sowie Sonnenenergie und Wind sind im Überfluss da“, sagt Dums, „Kohle und Öl nicht“.

Allerdings würde in Deutschland die schwankenden Windverhältnisse für eine kostengünstige E-Fuel Produktion nicht ausreichen. Ganz anders an der Südspitze Lateinamerikas, wo in Chile nahe der Stadt Punta Arenas stets ein kalter Sturmwind über die karge Landschaft tobt. Hier hat Porsche zusammen mit dem chilenischen Partner HIF Global (Highly Innovative Fuels) und anderen im Dezember 2022 eine Pilotanlage zur Produktion von E-Fuels in Betrieb genommen. Das knapp 150 Meter hohe Windrad rotiert an 270 Tagen im Jahr mit Volllast und erzeugt damit 3,5 Mal mehr Strom als eine vergleichbare Anlage in Europa. Da man in Patagonien deshalb mit deutlich weniger Windrädern die gleiche Menge an Strom erzeugen könne, rechnet Dums vor, reduzierten sich die Stromkosten von etwa fünf bis acht Cent pro kWh in der BRD auf nur 1,5 Cent in Chile.

Trotzdem sind E-Fuel-Kraftstoffe ein teures Gut, weil derzeit einfach noch zu wenig produziert wird. Deshalb plant HIF Global für etwa Ende 2027 eine Anlage, die jährlich 55 Millionen Liter anstrebt. Dann zwei Jahre später eine Verzehnfachung auf 550 Millionen Liter. „Diese Dimension kann dann in den Folgejahren nochmals sechs bis acht Mal dupliziert werden“, berichtet Dums.

Die E-Mobilität wird auch wegen ihrer einfachen und direkten Nutzung weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Dums präsentiert hierzu eine Graphik, die aufzeigt, dass ein Windrad mit drei Megawatt Leistung und jährlich erzielbaren 2000 Volllaststunden in Deutschland den Strom für 1600 E-Autos liefern kann. Dagegen könnten mit der Leistung dieses Windrads nur 250 Verbrenner-Autos mit E-Fuels betankt werden. In beiden Fällen setzt man eine Laufleistung von 20 000 Kilometer pro Jahr voraus.

Die Hauptaufgabe von E-Fuels läge deshalb vor allem darin, die vielen Bestands- und Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, die noch bis 2035 in den Handel kommen, mit klimaneutralen, fossilfreien Kraftstoffen zu versorgen. Zumal der konsequente Ersatz von Verbrennern durch Elektro-Autos noch Jahrzehnte dauern könnte und zu Belastungen der Umwelt führte: „Ein vorzeitiger Ersatz der Verbrenner muss nicht zwingend der Umwelt helfen, da die Fahrzeuge bei der Produktion bereits CO2 verursacht haben und auch E-Fahrzeuge in der Produktion neues CO2 verursachen.“ Außerdem gäbe es für „Mähdrescher, Kettensägen, Schiffe, Baumaschinen und Flugzeuge keine Alternative.“ Bio-Kraftstoffe, die auf nachwachsende Rohstoffe (Monokulturen) oder deren Abfallprodukte angewiesen sind, können im Gegensatz zu E-Fuels nicht in unbegrenzten Mengen hergestellt werden.

Selbstverständlich entspricht der in Patagonien produzierte synthetische Sprit den Anforderungen der aktuellen DIN EN228 für unverbleite Kraftstoffe. Die Emissionswerte werden laut Dums sogar leicht unterschritten, Leistungsverluste seien ausgeschlossen. Journalisten konnten sich vor Ort von den Qualitäten der E-Fuels in verschiedenen Porsche-Fahrzeugen überzeugen. Dums berichtet: „Die schöne Landschaft hat alle beeindruckt. Trotzdem waren die Tester in den Autos enttäuscht, weil sie nichts gemerkt haben.“ Sogar der älteste Porsche 356 hätte im Rahmen der Porsche Rennsport Reunion im kalifornischen Laguna Seca klaglos einige Runden gedreht – ohne den Tiger, aber mit E-Fuels im Tank. Dums Fazit: „Wir wollen zeigen, dass die Technik da ist und man sie bereits nutzen kann.“

Bei der anschließenden, lebhaft geführten Gesprächsrunde wurde schnell deutlich, dass E-Fuels ihre Chance bekommen sollten. Gleichzeitig wurde angekreidet, dass die E-Mobilität politisch gewollt wäre und deshalb bestimmte negative Aspekte nicht berücksichtigt werden: Die Einrichtung von E-Mobilität bis zu den Windkraftanlagen und der Ersatz des Altwagenbestandes durch E-Autos würde viel CO2 frei setzen. Schließlich verhindere die bremsende Haltung der Politik in Europa gegenüber der Produktion und Einführung von E-Fuels weitreichende Investitionen.


 

Dipl. Ing. (FH) Karl Dums
Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG

Aktuelle Infos gibt es unter:

Solitude Revival e.V.
www.solitude-revival.com