MOTORSPORT

Review:
WAC-Motorsportstammtisch
mit Laurents Hörr

„In der Stadt war die Hölle los“. Rennfahrer Laurents Hörr berichtet von seinem Einsatz beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans“

Vor über 50 Gästen eröffnete Moderator Jürgen Preuss den WAC-Abend mit interessanten Ausführungen zum Rennsport-Mythos Le Mans und dessen Geschichte. Ursprünglich starteten die zum Großteil noch seriennahen Autos zum 24-Stunden-Rennen, um vor allem ihre Haltbarkeit zu beweisen. Doch das änderte sich rasch: Auf den inzwischen befestigten Straßen ging es später bei Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 400 km/h auch um maximalen Speed. Jürgen zitierte hierzu den Formel 1-Konstrukteur Gordon Murray: „Ein Sieg in LeMans ist schwieriger als eine Formel 1 Meisterschaft. Es ist eine Saisondistanz die ohne Pause und am Stück gefahren wird.“

Der diesjährige 24 Stunden-Marathon in der Sarthe feierte ein großartiges 100-jähriges Jubiläum. Am Start waren 62 Rennwagen in drei Rennklassen mit den Traditions-Marken Alpine, Aston Martin, Cadillac, Chevrolet, Ferrari, Peugeot, Porsche und Toyota. Rund 350 000 Besucher vor Ort und 18 Millionen Zuschauer an den TV-Geräten verfolgten den spannenden Rennsport-Klassiker.

Der unerwartete Sieg von Ferrari vor dem Le Mans-Routinier Toyota machte die Sensation perfekt. Und mitten drin im Geschehen: Laurents Hörr aus Gerlingen, heute Abend zu Gast beim WAC. Sein Team in der „kleinen“ LMP2-Prototypen-Klasse fuhr noch vor einigen der neu eingeführten Hypercars auf Gesamtrang 15. Innerhalb der LMP2-Klasse mit 24 Startern erkämpfte Laurents und seine französischen Fahrer-Kollegen Rang sechs.

Vor seinem Bericht von der anfänglichen Regenschlacht mit vielen Ausfällen skizziert der aus Gerlingen stammende 26-Jährige seinen Werdegang zum Profi-Rennfahrer. Laurents übt sich im Motorsport seit dem sechsten Lebensjahr und geht mit elf Jahren in einem Kinder-Kart erstmals an den Start. Nach erfolgreichen Jahren im Kart-Sport erfolgt 2014 der Umstieg in die internationale Monoposto-Liga der Formel Renault 1.6. Während der Saison 2016 startet Laurents im pfeilschnellen Formel Renault 2.0 (210 PS, 500 kg). Hier gewinnt er ein Jahr später den Vizemeister-Titel in der europaweit ausgetragenen V de V Sport Series.

Dann der Wechsel zu den (formell) zweisitzigen Rennwagen mit Dach. Die Sportwagen-Prototypen der LMP3-Einstiegsklasse leisten 440 PS und wiegen 900 Kilogramm. „Je nach Rennstrecke sind die GT3-Coupés von Ferrari oder Porsche aus der DTM pro Runde vier bis fünf Sekunden langsamer“, kommentiert Laurents den Wechsel. Seit 2018 startet der Gerlinger im Michelin Le Mans Cup, den er bereits 2019 mit dem Meistertitel abschließt. Auch im folgenden Jahr sichert Laurents und sein Team DKR Engineering aus Luxemburg den Titel: „Hat bisher keiner geschafft“. Zu den 24 Stunden von Le Mans erfolgt im letzten Jahr der Aufstieg in die anspruchsvolle LMP2-Kategorie (450-600 PS, 950 kg). Das DKR-Team mit Laurents, der insgesamt rund zehn Stunden im Auto fährt, erkämpft 2022 in der LMP2-Klasse einen sensationellen 3. Platz. (Alle bisherigen Renneinsätze und -erfolge von Laurents Hörr gibt es auf der Wikipedia-Website Laurents Hörr

Laurents Hörr

Foto: Delage

Doch jetzt zu Le Mans 2023. Laurents hat inzwischen das Team gewechselt und fährt bei IDEC Sport in einem wunderschönen, blauen Oreca-Gibson 07 mit der französischen Luxus- und Traditionsmarke Delage als Hauptsponsor. Deren Comeback mit einem straßentauglichen Formel 1-Zweisitzer läuft derzeit an. Aktionsgeladene Film-Clips unterstreichen im WAC-Clubhaus Laurents Erzählungen vom Racing Event in Le Mans, der bereits am Dienstag vor dem Rennwochenende beginnt. Qualifying und Freies Training wechseln sich ab. Am Donnerstag nach der Hyper-Pole parken die Schnellsten der drei Rennklassen nebeneinander bei Start und Ziel: roter Ferrari, gelbe Corvette und der blaue „Delage“, den Laurents und seine Fahrer-Kollegen Paul-Loup Chatin und Paul Lafargue erfolgreich ins Ziel bringen wollen. Eine Wahnsinns-Verantwortung lastet auf dem jungen Mann aus Gerlingen.

Vorher noch etwas Entspannung bei der Fahrerparade am Freitag, direkt in Le Mans, in Oldtimern, mit Musikkapellen und hübschen Parade-Girls: „In der Stadt war die Hölle los. Es kamen rund 15 000 Zuschauer, die am Straßenrand feierten“, berichtet Laurents, „wir verteilten Hunderte von Team-Kappen und schrieben dauernd Autogramme“. Auf alle möglichen und unmöglichen Stellen, wie der Film dokumentiert. Die gleiche Begeisterung zeigt sich auch am Samstagnachmittag an der Rennstrecke vor dem Start. Düsenjets im Tiefflug malen die französischen Nationalfarben in den fast wolkenlosen Himmel, die Teams stellen sich auf der Zielgeraden neben den Autos auf, Armee-Hubschrauber überfliegen die Szenerie.

Doch nach dem Start um 16 Uhr bricht das „Chaos für alle“ aus. Wegen Platzregen an einigen Stellen der 13,6 Kilometer langen Strecke rutschten viele der mit Slicks bereiften Rennwagen ins Kiesbett oder in die Barrieren. „Die Sicht war dort gleich null, wir fuhren wahrscheinlich eine Stunde mit 80 km/h hinter dem Pacecar her“, berichtet Laurents. „Und das Verrückte daran, dass der Start-Ziel-Bereich immer trocken war.“ Doch der blaue Oreca-Delage kommt gut durch die Nacht, liegt am Nachmittag souverän auf Rang vier in seiner Klasse.

Die Technik macht „keine Zicken, das Auto war noch immer schnell, wir wollten das Rennen heimfahren“. Dann zwei Stunden vor Rennende ein regulär eingeplanter Reifenwechsel. Laurents kommt aber nach bereits einer Runde wieder an die Box, fährt hinten links auf der Felge. Reifenschaden, Materialfehler. „Das war für mich einfach zerschmetternd“, gesteht Laurents, „ein Fahrfehler oder Unfall könnte man noch begreifen“. Nicht aber, wenn sich ein neuer Reifen zerlegt. So rutscht das Le Mans-Team von IDEC Sport auf Rang sechs, immer noch eine sehr gute Leistung.

In der anschließenden Gesprächsrunde fokussieren die rund 30 im WAC anwesenden Rennsport-Interessierten Fragen zur Technik der LMP2-Boliden, zum Rennverlauf und zum Sponsoring. So verfügen die Renn-Prototypen über eine einstellbare Traktionskontrolle und Servolenkung. Gefahren wird mit Goodyear-Einheitsreifen und Bio-Sprit von Total, der aus Resten vom Weinanbau gewonnen wird: „Das riecht in der Boxengasse manchmal stark nach Grappa“.

Die Fahrer sollten aber besser nüchtern bleiben. Während des Rennens mit 62 Autos auf der Strecke muss ein Le-Mans-Pilot alle Modelle voneinander unterscheiden können, die direkt vor ihm und im Rückspiegel unterwegs sind. Sonst lässt man im dichten Verkehr aus Versehen einen Konkurrenten seiner eigenen Klasse vorbei. Laurents orientiert sich tagsüber am Look und an der Farbe der Autos, in der Nacht dagegen wird es schwierig: „Alle fahren mit Fernlicht, ob einer 100 oder 300 Meter hinter mir liegt, ist kaum auszumachen. Die Autos sind kaum erkennbar, deshalb informiert mich die Box, wenn eines oder mehrere der schnelleren Hypercars hinter mir sind.“

Ohne Sponsoring geht jedoch bei den LMP2 und LMP3-Prototypen gar nichts. Laurents ist 2023 live bei der European Le Mans Series zu erleben und startet auch beim Prototype Cup Germany. Wer als dessen Sponsor dabei sein möchte, nutzt diesen sympathischen jungen Leistungssportler für den Image-Transfer seines Unternehmens. Man profitiert außerdem von Laurents Reichweite in regionalen Medien, Special Interest-Medien und sozialen Medien. Und man bietet seinen Kunden und Partnern unvergessliche Erlebnisse an der Rennstrecke, hautnah in der Box, in der Boxengasse und auf bei der Startaufstellung. Das Ziel ist zudem vorgegeben: Laurents startet in der Hypercar-Klasse und gewinnt das 24-Stunden-Rennen von Le Mans.

Text: Dr. Franz-Peter Hudek

Eine Runde mit Laurents Hörr auf dem Circuit de Spa-Francorchamps

24H Le Mans

Fotos: Copyright MPSA WEC LeMans 2022

Laurents-Hoerr

Wir danken unserem Mitglied Laurents Hörr und Ingo Vögele für den bereitgestellten Content.

Mehr Informationen unter: https://www.laurents-hoerr.de